«Die grüne Branche möchte verstärkt nachhaltige Leistungen anbieten können.»

Privatleute und Gemeinwesen bemühen sich aktuell um eine stärkere Flächenbegrünung. Gleichzeitig organisieren sich Garten- und Landschaftsbauer und investieren in die Umsetzung nachhaltiger Massnahmen. Bestandsaufnahme mit Olivier Mark, Präsident von JardinSuisse, dem Dachverband der Branche.
13 mars 2025 Milena Michoud
© François Wavre/Lundi 13/Alle Rechte vorbehalten
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In welchen Bereichen kann die Wertschöpfungskette des Gartenbausektors nachhaltiger werden?

Fangen wir bei der Produktion an. Hierzu gehören Gartenbaubetriebe, die Blumen und Beetpflanzen anbauen, sowie Baumschulen, die Zierbäume produzieren. Der erste Punkt ist der Transport. Je regionaler die Produkte, desto kürzer die Wege, desto geringer der CO2-Ausstoss und desto weniger Verpackungsmüll. Zurzeit stammen die Pflanzen überwiegend aus Holland, Spanien, Deutschland oder Belgien. Dabei müssen weite Wege zurückgelegt werden. Hier spielt der wirtschaftliche Aspekt eine Rolle: Unsere heimische Gartenbauproduktion ist ein landwirtschaftliches «Stiefkind» und leidet darunter, dass die Importe keinerlei Beschränkungen unterliegen. Das bereitet uns Sorge, denn es geht um unsere schwächste «nachhaltige» Säule und wirkt sich auf die Versorgungswege aus.

Wie schonen die verbliebenen Schweizer Produzenten die Umwelt?

Hauptsächlich durch die Reduzierung von Chemikalien, deren Einsatz wirklich problematisch und immer mehr verpönt ist. Es gibt hier mehrere Alternativen. Eine davon ist die Wiederverwendung des Giesswassers bei Pflanzen, die im Topf angebaut werden. So lässt sich gleichzeitig Dünger sparen. Ausserdem werden Eintragungen in den Boden vermieden und der Wasserverbrauch sinkt.

Wie funktioniert das genau?

Es werden Matten auf dem Boden verlegt und Gefälle geschaffen. Drainagevorrichtungen leiten das Wasser zu Zisternen. Bei Topfpflanzen, die auf Tischen angebaut werden, wird das überschüssige Giesswasser über Rohrsysteme gesammelt, anschliessend gefiltert, mit Dünger angereichert und wiederverwendet.

Was wird noch unternommen?

Bei einer anderen Methode wird der Gehalt an Stoffen, die in die Erde und in den Boden eingetragen werden, in kürzeren Abständen analysiert, um das übermässige Ausbringen von Dünger zu vermeiden. Denn mit diesem Vorwurf werden die Gärtner seit langem konfrontiert. Vor allem lässt sich der Dünger dadurch gezielter einsetzen. Die Düngergabe erfolgt nicht mehr einfach saisonal, sondern nur, wenn ein Mangel im Boden vorliegt. Und auch eine dritte Methode wird immer beliebter. Dabei werden Pflanzenschutzmittel durch mechanische oder thermische Verfahren ersetzt. Die Unkrautbekämpfung ist für die Baumschulisten ein notwendiges Übel. Statt es mit Glyphosat oder ähnlichem einzudämmen, kommen immer häufiger Maschinen zum Einsatz, die das Unkraut zerkleinern oder verbrennen. Auch die Zahl derer, die auf integrierten bzw. biologischen Pflanzenschutz setzen, wächst stetig. Hierbei werden unerwünschte Insekten mithilfe von Fressfeinden abgewehrt. Eine weitere Massnahme ist die Bevorzugung heimischer Pflanzen, die weniger anfällig für Krankheiten oder Schädlingsbefall sind.

Fahrplan für mehr Nachhaltigkeit

JardinSuisse hat unlängst den Entwurf für eine Vereinbarung an das Bundesamt für Landwirtschaft übermittelt, die die Nachhaltigkeitsziele der grünen Branche für die kommenden fünf Jahre festlegt.
Dieser Fahrplan steht im Zusammenhang mit der parlamentarischen Initiative «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren», die 2022 vom Parlament verabschiedet wurde.
Zuvor hatte das Volk zwei Initiativen zu Pflanzenschutzmitteln im Jahr 2021 abgelehnt. 
Der Bundesrat hat jetzt den Auftrag, die Risiken bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bis 2027 um 50 % zu reduzieren. Diese parlamentarische Initiative ermunterte die verschiedenen Branchen, die Dünger und Pestizide einsetzen, auf freiwilliger Basis Massnahmen vorzuschlagen, um die Umweltgefahren, die von deren Einsatz ausgehen, zu verringern.

Bei welchen anderen Aspekten ist Ihre Branche darüber hinaus besonders umweltfreundlich?

Die Verringerung des Einsatzes fossiler Brennstoffe ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Einige Betriebe mit Gewächshäusern versuchen, so wenig wie möglich zu heizen. Das gelingt durch eine spezielle Dämmung oder eine intelligente Steuerung der Anlagen. Zudem sind einige bestrebt, erneuerbare Energien einzusetzen. Sie stellen auf Holzheizungen um, informieren sich über Erdwärme oder handeln sogar Verträge mit Rechenzentren aus, um deren Abwärme zu nutzen. Diese Methoden werden seitens der Produzenten organisch für mehr Nachhaltigkeit in der Branche eingesetzt.

Wie sieht es bei den Landschaftsbauern am anderen Ende der Wertschöpfungskette aus?

Sie machen über 80 % unserer Mitglieder aus. Auf Initiative der jungen Generation ist bei ihnen die Bereitschaft zu erkennen, verstärkt auf Nachhaltigkeit zu setzen. Um einen nachhaltigen Garten im engeren Sinn anzulegen, müsste die Wahl auf heimische Pflanzen fallen. Ausserdem sollten Nistplätze für Vögel, Trockensteinmauern für Reptilien und Wasserflächen, wie etwa Teiche, für Insekten vorgesehen werden. Auf Sträucher wie Thujen, durch die kaum Licht fällt, sollte verzichtet werden.

Welche Hindernisse stehen diesen vorbildlichen Verfahren entgegen?

Bei der Produktion sind Verfahren wie etwa der integrierte Pflanzenschutz besser für Monokulturen geeignet. Derzeit haben wir aber in der Regel Mischkulturen. Zudem hat Nachhaltigkeit ihren Preis. Wenn es wieder mehr regionalen Gartenbau geben soll, müssen die Verbraucher über eine gewisse Kaufkraft verfügen. Ausserdem spielen zeitliche Aspekte eine Rolle. Die Landschaftsbauer und ihre Kundschaft, wie beispielsweise städtische Grünflächenabteilungen, wollen rasch auf den Zug der Artenvielfalt aufspringen. Doch die Baumschulen benötigen mehrere Jahre Vorlaufzeit. Denn die Pflanzen müssen erst heranwachsen, bevor sie vermarktet werden können. Die Verflechtung der verschiedenen Etappen der Wertschöpfungskette führt also zu Einschränkungen. Es sind auch paradoxe Verhaltensweisen zu beobachten. Einige Kunden wollen so dringend alles richtig machen, dass sie lieber heimische Pflanzen im Ausland kaufen, anstatt mit regionalen Anbietern Übergangsfristen auszuhandeln. Denn diese benötigen Zeit, um ihre Produktion umzustellen. Und da es sich um Zierpflanzen handelt, haben es die Produzenten oft schwer, ihr Sortiment zu ändern und heimische Pflanzen zu integrieren. Denn ihr Sortiment muss den Wünschen oder Gewohnheiten der Verbraucher entsprechen. Wir bei JardinSuisse bleiben daher pragmatisch und sind der Auffassung, dass einige Neophyten, sofern sie keine invasiven Arten sind, durchaus einen Garten verschönern können.

Kommen diese Verfahren in der Praxis also gar nicht zum Einsatz?

Wir führen hierüber keine exakten Statistiken. Wir wissen aber, dass die meisten unserer Mitglieder ein oder zwei dieser Verfahren anwenden. Daher bemüht sich JardinSuisse derzeit darum, sie besser zu unterstützen und den Erfahrungsaustausch zu fördern. So wollen wir erreichen, dass immer mehr Akteure all diese Verfahren nebeneinander anwenden.

Wie lässt sich das konkret gestalten?

Schulungen sind hier ein ideales Instrument. Wir entwickeln ein neues Modul der höheren Berufsbildung, mit dessen Abschluss das Zertifikat «Fachperson Biodiversität» erworben werden kann. Sowohl bei der Planung als auch bei der Produktion soll uns die biologische Vielfalt dabei unterstützen, die Einträge zu verringern, die Bewässerung zu reduzieren und Chemikalien einzusparen. Derzeit kann dieses Modul in unserem Bildungszentrum in Zürich absolviert werden. Künftig wird dies auch in Freiburg und Bern möglich sein. Anschliessend soll es schweizweit angeboten werden.

Sehen Sie Bedarf?

Ja, Landschafts- und Städtebauer stellen fest, dass sich die Kundschaft mehr Begrünung wünscht. Innerhalb der Branche besteht folglich der Wunsch, diese Leistungen anbieten zu können. Unsere Mitglieder fragen regelmässig bei geschulten Planern und Teamleitern an, um diese Mechanismen besser zu verstehen und um vor Ort die spezifischen Pflanzen zu den spezifischen Vorschriften einzusetzen. Jeder Garten- oder Landschaftsbauer kennt die heimischen Pflanzen oder kann interessante Lebensräume für Reptilien erkennen. Aber mithilfe einer speziellen Schulung lassen sich diese Faktoren nachhaltig miteinander verbinden. Wir wurden auch schon gebeten, für die ganze Schweiz ein Verzeichnis mit den Standorten der Fachpersonen für Biodiversität zu erstellen. Das wird unser nächstes Projekt sein.

Vier Beispiele für nachhaltigen Gartenbau

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Lautrejardin, Cormérod (FR): Eine Freiburger Gärtnerei als leuchtendes Beispiel

Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 setzt die kleine Gärtnerei im Seebezirk auf Stauden. Dieses Segment war damals in der Westschweiz eine Nische. Vor acht Jahren ist sie auf Bio umgestiegen und verzichtet seither auf torfhaltige Erde und Kunstdünger. Heimische Pflanzen bilden das Kernsortiment. Lautrejardin ist sogar bestrebt, regionalen Schweizer Ökotypen den Vorzug zu geben. «Nehmen wir die wilde Möhre. Sie wächst in der Schweiz, in Polen oder auch in Holland. Wir verwenden Samen aus der Region, um eine Vermischung und Schwächung des Erbguts zu verhindern. Denn in einem Umkreis von 2 km rund um einen Garten kann es zur Hybridisierung kommen», erklärt Xavier Allemann, Gartenbaumeister und Leiter der Gärtnerei.

Lautrejardin bewirbt ebenfalls Pflanzen und Gestaltungsarten, die die Biodiversität fördern. «Es ist bekannt, dass aktuell lediglich 10 % der Schweizer Gärten auf Artenvielfalt ausgerichtet sind. Die richtige Pflanzenauswahl und unterschiedliche Lebensräume machen eine Grünfläche einladender. Wenn die Kunden zu uns kommen, sehen sie Stein- und Asthaufen, die sie inspirieren. Wir sind übrigens stolz, dass sich ein Hermelin in unserer Gärtnerei häuslich eingerichtet hat», strahlt er. Xavier Allemann schätzt seine Rolle als Impulsgeber bei der umweltfreundlicheren Gestaltung von Grünflächen. «Wir sind weder Botaniker noch Umweltmanager. Aber unsere Pflanzen bringen Vielfalt in die Gärten. Bei uns kann die Theorie in die Praxis umgesetzt werden.»

+ mehr Infos: www.lautrejardin.ch/de

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Taïga, Inspiration Nature, Bussy-Chardonney (VD): Landschaftsbauer – wichtige Akteure

Taïga gestaltet Grünflächen und Privatgärten, arbeitet mit Gemeinden, Unternehmen sowie Hobbygärtnern zusammen und bietet ein breites Schulungsangebot an. Das Unternehmen hat sich als Vorreiter einer Landschaftsgestaltung profiliert, bei der das natürliche Gleichgewicht im Mittelpunkt der einzelnen Projekte steht. Eine Selbstverständlichkeit für die Geschäftsführerin. «Landschaftsbauern fällt eine wichtige Rolle bei der Bewahrung und Förderung der Artenvielfalt zu», sagt Sarah Germanier. «Unsere Grünflächen entstehen in enger Abstimmung mit den Nutzern. Bei unseren Treffen ermitteln wir deren Erwartungen und Bedürfnisse und schauen uns den Standort genau an. Wir machen bei unseren Projekten nie Tabula rasa, sondern nutzen weitestgehend die vorhandenen Ressourcen.»

Langfristiges Denken ist gefragt. Denn im Kanton Waadt müssen Landschaftsbauer sicherstellen können, dass jeder Garten im Lauf der Zeit seine anfänglichen Merkmale behält, um spätere Massnahmen zu minimieren. Bei Taïga arbeiten Menschen, die auf Naturgärten, Natur in der Stadt, Obstbau oder auch Nachhaltigkeit spezialisiert sind. Das Team beschränkt sich nicht auf das Anlegen von Grünflächen, sondern informiert und sensibilisiert auch. Gebietskörperschaften und Privatpersonen sollen erkennen, wie wertvoll Gärten sind, die eine grössere Artenvielfalt bieten.

+ mehr Infos: taiga-creations.ch

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Schilliger, Gland (VD): Ein zeitgemässes Garden Centre

Das Unternehmen Schilliger wurde vor 80 Jahren gegründet. Im Lauf der Zeit hat es sich immer wieder neu erfunden, um den Veränderungen des Marktes, der Kundschaft und der ökologischen Herausforderungen gerecht zu werden. Das Familienunternehmen verfügt über eine Gartenbaufläche von über vier Hektaren, beschäftigt 200 Angestellte und betreibt zwei Garten-Center – eines in Gland (VD) und eines in Plan-les-Ouates (GE). Die Herausforderung, schonend mit den Ressourcen umzugehen, nimmt es mit Überzeugung an. «Nachhaltigkeit gehört absolut zu unseren Werten», erklärt Camil Schilliger, Marketingleiterin des Unternehmens, dessen Anmeldeverfahren zum nationalen Programm Swiss Triple Impact derzeit läuft. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur B-Corp-Zertifizierung.

«Daher richten wir unser Augenmerk auf soziale, ökonomische und ökologische Aspekte.» Die Initiativen des Waadtländer Unternehmens reichen hierbei von der Entwicklung torf- und kokosfaserfreier Pflanzenerde bis hin zur Einrichtung einer Recycling- und Verwertungskette für Plastikpflanztöpfe in diesem Frühjahr. Ein Grossteil der Pflanzen wird vor Ort in Gland produziert, was deren CO2-Bilanz verbessert. Gleichzeitig kommen weitestgehend umweltschonende, biologische Schädlingsbekämpfungsmethoden zum Einsatz. In Sachen Energieversorgung wurde im vergangenen Jahr eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert. Und im Bedarfsfall versorgt eine Pelletheizung die Gewächshäuser mit ausreichend Wärme. Darüber hinaus ist ein Regenrückhaltebecken geplant, um die Nutzung der natürlichen Ressourcen zu optimieren.

+ mehr Infos: www.schilliger.com

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Lehmann Plantes, Sitten (VS): Klimaerwärmung – die grosse Herausforderung

Das Mittelwallis zählt zu den wärmsten Regionen des Landes und ist besonders stark von der Klimaerwärmung betroffen. Lehmann Plantes, eine Verkaufsfiliale von Lehmann Baumschulen aus Büren an der Aare (BE), bietet ein Pflanzensortiment, das dieser Herausforderung gewachsen ist. «Wir verkaufen zunehmend Hochstamm-Bäume an Privatpersonen, die sich eine Beschattung ihrer Häuser wünschen», stellt Christophe Caloz fest. Die Baumschule entwickelt neue Kulturen, die Hitze und Trockenheit standhalten. Baumarten aus dem Süden wie Steineichen, Zerreichen oder Italienischer Ahorn finden immer stärkeren Absatz. Sein Sittener Chef berät die Kundschaft zudem bei der Anpflanzung ausdauernder Bodendecker, um Stein- und Schotterflächen in den Gärten zu ersetzen.

«Der Schotter schafft unerträgliche Hitze-Inseln und sollte daher entfernt werden», erklärt der Baumschulist. Lehmann Plantes verkauft ausschliesslich Bäume, Sträucher und Stauden. Diese werden in der Mehrzahl biologisch erzeugt. Die Baumschule zeichnet sich durch ihr breites Sortiment aus, das praktisch alle in der Schweiz verfügbaren heimischen Baumarten umfasst. Die Umsätze in diesem Segment steigen. Insbesondere, seit einige Gemeinwesen nur noch diese Pflanzen auf ihrem Gebiet zulassen. Dieser Trend wird durch das Verbot von Kirschlorbeerhecken weiter verstärkt. «Im Vergleich zu den grossen Baumschulen sind wir in einem eher hochwertigen Segment angesiedelt. Die Kundschaft kommt also zu uns, um schöne Ware aus der Schweiz zu kaufen.»

+ mehr Infos: https://lehmannplantes.ch/

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